Polylactid (PLA) – Vom Biokunststoff zum Hightech-Material mit nachhaltiger Zukunft

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Polylactid (PLA) - Nachhaltiger Spezialkunststoff mit Zukunftspotenzial

Polylactid (PLA) gewinnt in der Kunststoffbranche zunehmend an Bedeutung und gilt als wegweisende Alternative zu fossilen Kunststoffen. Als biobasierter Polyester wird PLA aus Milchsäure hergestellt, die überwiegend aus nachwachsenden Rohstoffen wie Maisstärke oder Zuckerrohr gewonnen wird (1).                    Die besondere Bedeutung liegt dabei nicht nur in der nachhaltigen Herstellung, sondern auch in den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten von Verpackungen bis hin zu technischen Spezialanwendungen. 

Im Vergleich zu erdölbasierten Kunststoffen weist PLA einen deutlich geringeren CO₂-Fußabdruck auf, da die Pflanzen während ihres Wachstums bereits CO₂ binden, das bei der späteren Entsorgung wieder freigesetzt wird (1). Diese CO₂-Neutralität macht PLA zu einem wichtigen Baustein für eine nachhaltige Kunststoffwirtschaft. Prognosen belegen einen deutlichen Anstieg der Produktionskapazitäten von Biokunststoffen wie PLA bis 2028, mit Wachstumsraten von bis zu 13% jährlich (2). 

Materialkundliche Grundlagen und Typen von PLA

Grundlegende thermische Eigenschaften

PLA zeigt charakteristische thermische Eigenschaften, die seine Anwendungsmöglichkeiten definieren. Die Glasübergangstemperatur liegt bei etwa 55–65 °C, was die Formstabilität bei moderaten Temperaturen gewährleistet. Der Schmelzpunkt variiert je nach Kristallinität zwischen 150–180 °C, wobei typische Verarbeitungstemperaturen bei 180–220 °C liegen.

Die Kristallinität von PLA ist ein entscheidender Faktor für die mechanischen Eigenschaften und kann zwischen 0–45 % kristallinem Anteil variieren. Amorphes PLA ist transparent und flexibler, während teilkristallines PLA höhere Festigkeit und verbesserte thermische Stabilität aufweist. Da PLA nur langsam kristallisiert, werden bei der Verarbeitung häufig Nukleierungsmittel (z. B. Talkum oder Zinkoxid) eingesetzt, um gezielt die gewünschte Kristallstruktur zu erzielen.

Typen und Varianten von PLA

Die Diversität von PLA zeigt sich in verschiedenen kommerziell verfügbaren Typen:

Grundtypen nach Stereochemie:

  • PLLA/PDLA (Poly-L- und Poly-D-Lactid): Beide Formen unterscheiden sich durch ihre molekulare Händigkeit (Chiralität). D- und L-Milchsäure sind spiegelbildliche Varianten desselben Moleküls. Ihre Kombination kann sogenannte Stereo-Komplexe bilden, die eine höhere thermische Stabilität aufweisen.
  • PDLLA (Poly-D,L-Lactid): Amorph, flexibler, häufig für medizinische Anwendungen.

Funktionale Varianten:

  • Hochtemperatur-PLA: Verbesserte Wärmeformbeständigkeit bis ca. 100 °C.
  • Transparent-PLA: Optimiert für hohe Klarheit.
  • Gefülltes PLA: Mit Holzfasern, Mineralien oder Carbonfasern verstärkt.

Copolymere und Blends:

  • PLA/PBAT-Blends: Verbesserte Flexibilität und Abbaubarkeit.
  • PLA/PHA-Copolymere: Optimierte marine Abbaubarkeit.
  • Blockcopolymere: Gezielt einstellbare Eigenschaften ohne Zusatzstoffe.

Technische Eigenschaften und Beständigkeiten

Mechanische und thermische Eigenschaften

PLA überzeugt mit hervorragender Steifigkeit und formstabilen Eigenschaften bis zur Glasübergangstemperatur von etwa 55–65 °C. Die technischen Kennwerte machen PLA für viele Spezialanwendungen interessant, zeigen jedoch auch klare Limitierungen auf. Die Zugfestigkeit liegt bei 50–70 MPa, das Elastizitätsmodul bei 3–4 GPa, wodurch PLA eine gute Wahl für Anwendungen ist, die eine stabile Geometrie erfordern.

Positive technische Eigenschaften:

  • Hohe Zugfestigkeit (50–70 MPa) und Elastizitätsmodul (3–4 GPa)
  • Formstabilität bis zur Glasübergangstemperatur        (55–65 °C)
  • Gute Oberflächenhärte und Kratzfestigkeit
  • Schwer entflammbar (LOI > 26 %): Eine wesentliche positive Eigenschaft, die PLA gegenüber anderen Biopolymeren wie Polyhydroxybutyrat (PHB) oder Polyacetat deutlich bevorzugt macht.
  • Ausgezeichnete Oberflächenqualität und Transparenz

Beständigkeiten und Limitierungen

Die chemische Beständigkeit von PLA ist gegenüber vielen Medien gut, zeigt aber spezifische Schwächen. PLA ist beständig gegen Alkohole, Öle und schwache Säuren, jedoch empfindlich gegenüber starken Basen und konzentrierten Säuren, die eine Hydrolyse der Esterbindungen verursachen können.

UV-Beständigkeit:
PLA zeigt eine moderate UV-Stabilität, die sich durch geeignete Additive deutlich verbessern lässt. UV-Absorber wie Benzotriazole oder Benzophenone sowie Stabilisatoren auf Basis von Hindered Amine Light Stabilizers (HALS) werden häufig eingesetzt, um Vergilbung und Eigenschaftsverlust bei längerer Sonneneinstrahlung zu verhindern. Ohne solche Zusätze neigt PLA bei UV-Exposition zur Vergilbung und Versprödung.

Mechanische Beständigkeit:
Die Dauergebrauchstemperatur liegt bei etwa 50 °C. Oberhalb der Glasübergangstemperatur kommt es zu deutlichen Festigkeitsverlusten.

Technische Limitierungen:

  • Geringe Schlagzähigkeit (2–5 kJ/m²) und Sprödigkeit bei Raumtemperatur
  • Mäßige Wärmebeständigkeit (über 60 °C problematisch ohne Modifikation)
  • Hydrolyseempfindlichkeit bei Feuchtigkeit und erhöhten Temperaturen
  • Begrenzte UV- und Chemikalienbeständigkeit bei Dauerbelastung
  • Kriechtendenz unter Langzeitbelastung

 

Die geringe Schlagzähigkeit und mäßige thermische Stabilität setzen jedoch Grenzen: Für hochbelastete oder thermisch intensive Anwendungen über 60 °C ist Standard-PLA nicht geeignet. Bereits oberhalb der Glasübergangstemperatur beginnt das Material, sich zu verformen oder verliert seine Formstabilität.

Nachhaltigkeitsvergleich: PLA versus fossile Kunststoffe

Die Nachhaltigkeit von PLA im direkten Vergleich zu konventionellen Kunststoffen zeigt deutliche Vorteile, aber auch spezifische Herausforderungen. Die Herstellung von PLA benötigt 25–68 % weniger fossile Energie als die Produktion herkömmlicher Kunststoffe. Dieser geringere Energiebedarf resultiert aus der niedrigeren Verarbeitungstemperatur, der energieeffizienten Polymerisation aus Milchsäure sowie dem Umstand, dass die Rohstoffgewinnung aus Biomasse (z. B. Mais oder Zuckerrohr) weniger energieintensiv ist als die Förderung und Raffination fossiler Rohstoffe. Während fossile Kunststoffe auf endlichen Erdölressourcen beruhen, basiert PLA auf erneuerbaren pflanzlichen Quellen.

Wesentliche Nachhaltigkeitsvorteile von PLA:

  • Erneuerbare Rohstoffbasis aus Mais oder Zuckerrohr
  • Reduzierter Energiebedarf in der Herstellung um 25–68 % (bedingt durch geringere Verarbeitungstemperaturen und biobasierte Rohstoffgewinnung)
  • Kleinerer CO₂-Fußabdruck durch CO₂-Absorption der Pflanzen während des Wachstums
  • Biologische Abbaubarkeit unter industriellen Kompostbedingungen

Herausforderungen und Einschränkungen:

  • Land- und Wasserverbrauch für die Rohstoffproduktion
  • Potenzielle Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion
  • Abbau nur unter optimalen industriellen Bedingungen
  • Im Hauskompost oder in der Natur deutlich verlangsamter Zersetzungsprozess

Ein zentrales Merkmal der Nachhaltigkeit ist die biologische Abbaubarkeit nach DIN EN 13432. PLA zerfällt unter optimalen industriellen Bedingungen innerhalb weniger Monate zu Wasser, Kohlendioxid und Biomasse. Allerdings hängt die tatsächliche Zersetzung stark von Temperatur, Feuchtigkeit und mikrobieller Aktivität ab – im Hauskompost oder in der freien Natur verläuft sie deutlich langsamer.

Innovationspotenziale und Weiterentwicklung

Die Weiterentwicklung von PLA bietet weitreichende Chancen für die Spezialkunststoffbranche. Moderne Prozessführungen wie die reaktive Extrusion und innovative Blockcopolymere erschließen neue Anwendungsfelder – etwa flexible Folien für Verpackungen, additive Fertigung oder Textilien (3). Spezifische Blends und Copolymere mit anderen Biopolymeren ermöglichen es, die Eigenschaften von PLA gezielt zu steuern. 

Durch innovative Synthesetechnologien lassen sich die Eigenschaften biobasierter Kunststoffe weiter verbessern. So entsteht etwa durch Blockcopolymere ein flexibleres und recycelbares PLA-Folienmaterial ohne Zusatz von Weichmachern (4). Neue PLA-Typen ermöglichen die Verarbeitung auf gängigen Industriemaschinen, was den Einstieg mittelständischer Unternehmen in die Produktion erleichtert. 

Entwicklungsansätze für verbesserte PLA-Eigenschaften:

  • Blockcopolymere für erhöhte Flexibilität und Schlagzähigkeit 
  • Blends mit anderen Biopolymeren (PBAT, PHA, PBS) 
  • Zusatzstoffe zur Verbesserung der Wärmebeständigkeit und UV-Stabilität 
  • Wood-Polymer-Composites für spezielle Anwendungen 
  • Optimierte Recyclingfähigkeit und Kreislaufwirtschaft 
  • Nukleierungsmittel für kontrollierte Kristallisation 

Die Kombination mit natürlichen Fasern und die Nutzung alternativer biobasierter Polymere ermöglichen Lösungen für bislang schwierig zu substituierende Spezialanwendungen. Fortschritte bei der chemischen und mechanischen Wiederverwertung machen eine kreislauffähige Nutzung realistisch, insbesondere bei PLA, das mit geringerem Energieaufwand recycelt werden kann (5). 

Typische Anwendungen und Marktchancen

PLA hat sich in zahlreichen Industriezweigen etabliert und gilt als einer der vielseitigsten biobasierten Kunststoffe. Das größte Marktsegment bildet die Verpackungsindustrie, in der PLA aufgrund seiner Transparenz, Formstabilität und Kompostierbarkeit weit verbreitet ist. Typische Anwendungen sind Lebensmittelverpackungen wie Folien, Becher und Schalen, aber auch Einweggeschirr, flexible Verpackungen sowie Etiketten und Haftklebelösungen.

Ein weiteres stark wachsendes Feld ist der 3D-Druck. Hier überzeugt PLA durch seine leichte Verarbeitbarkeit, gute Maßhaltigkeit und geringe Schrumpfung. Es wird im Prototypenbau, für Designobjekte, Architekturmodelle sowie im Bildungsbereich und bei Hobby-Anwendern eingesetzt. Auch funktionale Bauteile mit moderaten mechanischen und thermischen Anforderungen lassen sich zuverlässig aus PLA fertigen.

In der Medizintechnik und Pharmazie findet PLA aufgrund seiner Bioverträglichkeit und Abbaubarkeit ebenfalls breite Anwendung. Beispiele sind resorbierbare Implantate und Schrauben, chirurgische Fäden, Wundverschlüsse, Einmalgeräte oder Arzneimittelkapseln im Rahmen von Drug-Delivery-Systemen.

Neben diesen etablierten Märkten entstehen zunehmend neue Einsatzgebiete. In der Automobilindustrie werden PLA-basierte Materialien für Innenverkleidungen, Dekorteile, Polsterungen und temporäre Komponenten im Herstellungsprozess getestet. Auch im Bereich Elektronik und Konsumgüter gewinnt PLA an Bedeutung – etwa für Gehäuse von Geräten, Spielzeug, Haushaltsartikel oder Sport- und Freizeitprodukte, sofern keine hohen Temperaturbelastungen auftreten.

Im Textilsektor wird PLA zu Vliesstoffen, technischen Textilien, Filtermaterialien und Mischfasern für Bekleidung verarbeitet. Seine biobasierte Herkunft und Kompostierbarkeit machen es hier besonders attraktiv für Anwendungen mit begrenzter Nutzungsdauer.

Die gesellschaftliche Akzeptanz nachhaltiger Materialien und strenger werdende regulatorische Vorgaben fördern den Einsatz von PLA in vielen Industrien. Entsprechend steigen die Marktanteile biobasierter Polymere kontinuierlich – nicht nur im Verpackungsbereich, sondern zunehmend auch in technischen und langlebigen Anwendungen.

Fazit

PLA positioniert sich als nachhaltige und technisch vielseitige Alternative zu traditionellen Kunststoffen in der Spezialkunststoffbranche. Die Vorteile liegen in der biobasierten Herstellung, dem reduzierten CO₂-Fußabdruck und der biologischen Abbaubarkeit unter industriellen Bedingungen. Mit einem um 25–68% geringeren fossilen Energiebedarf und deutlich niedrigeren Treibhausgasemissionen bietet PLA klare Nachhaltigkeitsvorteile. 

Die technischen Eigenschaften mit einer Glasübergangstemperatur von 55-65°C und einem Schmelzpunkt von 150-180°C machen PLA für viele Anwendungen geeignet, zeigen aber auch definierte Grenzen auf. Die begrenzte thermische Stabilität und eingeschränkte Schlagzähigkeit begrenzen den Einsatz in hochbelasteten oder thermisch intensiven Anwendungen. Dennoch eröffnen innovative Entwicklungen wie Blockcopolymere, funktionale Blends und die große Diversität verfügbarer PLA-Typen neue Möglichkeiten zur gezielten Eigenschaftsverbesserung. 

Die verschiedenen PLA-Varianten von hochkristallinem PLLA bis hin zu flexiblen Copolymeren ermöglichen eine breite Palette typischer Anwendungen von Verpackungen über Medizintechnik bis hin zu technischen Komponenten. Die kontinuierliche Verbesserung der chemischen, UV- und mechanischen Beständigkeit durch Additive und Modifikationen erweitert das Einsatzspektrum stetig. 

Die Marktprognosen mit jährlichen Wachstumsraten von bis zu 13% bis 2028 unterstreichen das Potenzial von PLA. Für die Zukunft ist entscheidend, dass die Kreislaufwirtschaft optimiert wird und die Rohstoffproduktion nachhaltig erfolgt. PLA steht damit an der Schwelle zur nachhaltigen Kunststoffwirtschaft – effizient und vielseitig, aber noch mit relevanten Systemgrenzen bei der Abbaubarkeit und Langzeitstabilität. 

 

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