Thermisches Management als Schlüsselfaktor im Leichtbau

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Wärmeleitfähigkeit als Schlüsselparameter

Der Leichtbau gilt als strategischer Innovationsmotor in zahlreichen Hochtechnologiebranchen – von der Luft- und Raumfahrt über die Elektromobilität bis zur Leistungselektronik. Doch genau diese Werkstoffe bringen eine oft unterschätzte Herausforderung mit sich: das thermische Management. Polymere weisen eine geringe Wärmeleitfähigkeit, die die Wärmeabfuhr behindern. Materialien wie kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) oder wärmeleitfähige Polymer-Compounds, d.h. Polymere mit Füllstoffen, ermöglichen verbesserte Wärmetransporteigenschaften, behalten die Gewichtseinsparungen bei und eröffnen neue Designfreiheiten.

Elektronische Bauteile, Sensoren und Leistungselektronikmodule erzeugen während des Betriebs erhebliche Wärmemengen. Wird diese Wärme nicht effizient abgeführt, drohen Temperaturspitzen, die zu Funktionseinschränkungen, Alterung oder sogar abruptem Versagen führen können.

Um thermisch kritische Zustände vorherzusagen und geeignete Werkstoffe gezielt auszuwählen, ist eine präzise Kenntnis ihrer Wärmeleitfähigkeit unerlässlich. Genau hier setzt die thermophysikalische Materialcharakterisierung an.

Der Beitrag beleuchtet, wie sich moderne Leichtbaumaterialien thermisch verhalten, welche Risiken für elektronische Systeme entstehen – und wie man mit geeigneter Messtechnik differenzierte Einblicke in die Wärmetransporteigenschaften erhält. Dabei fließen aktuelle wissenschaftliche Arbeiten ein, die neue Wege aufzeigen, um Polymer- und CFK-Verbundwerkstoffe sowohl mechanisch als auch thermisch zu optimieren – ohne die elektrische Integrität der Bauteile zu gefährden.

Wärmeleitfähigkeit in Theorie und Praxis

Die Wärmeleitfähigkeit ist eine zentrale Kenngröße für das thermische Verhalten von Werkstoffen. Sie beschreibt die Fähigkeit eines Materials, Wärmeenergie durch Leitung zu transportieren, typischerweise angegeben in Watt pro Meter und Kelvin (W/m·K). In der Praxis bedeutet eine hohe Wärmeleitfähigkeit, dass thermische Energie effizient vom Ort der Entstehung in kühlere Bereiche abgeführt werden kann. Eine unzureichende Wärmeabfuhr hingegen führt zu lokalen Überhitzungen und beschleunigtem Versagen elektronischer Komponenten.

Besonders komplex ist die Analyse der Wärmeleitfähigkeit in anisotropen Werkstoffen wie kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen (CFK). Hier unterscheiden sich die Wärmeleitfähigkeiten stark zwischen der Faserrichtung (in-plane) und der Richtung senkrecht dazu (through-plane). Diese starke Anisotropie kann in Anwendungen mit punktueller Wärmeentwicklung – etwa unter Leistungstransistoren – zum kritischen Engpass werden.

Polymere zeigen in ihrer Grundform meist eine sehr geringe Wärmeleitfähigkeit (<0,3 W/m·K), bieten jedoch durch die gezielte Integration thermisch leitfähiger Füllstoffe ein enormes Optimierungspotenzial. Die Übersicht von Ali et al. (2021) zeigt verschiedene Ansätze Polymere mit Kohlenstofffasern (CF) zu verstärken und welche Auswirkung dies auf die Wärmetransporteigenschaften. Die Art, Menge und Orientierung der Fasern haben einen signifikanten Einfluss auf die resultierende Wärmeleitfähigkeit.

Ein weiteres Konzept verfolgt die Kombination aus Diamantpartikeln und Kohlenstofffasern in einer Epoxidmatrix. Hierbei entsteht ein dicht gepacktes, zweidimensionales Leitnetzwerk, das eine signifikante Steigerung der Wärmeleitfähigkeit erlaubt, ohne dabei die elektrische Isolation zu gefährden (Zheng, J., et al., 2024). Dies ist besonders relevant für den Einsatz in elektronischen Gehäusen, wo hohe Wärmeableitung bei gleichzeitiger elektrischer Trennung gefordert ist.

Die quantifizierende Bewertung dieser Eigenschaften erfordert hochauflösende, zeitabhängige Messmethoden. Klassische Steady-State-Methoden stoßen hier oft an ihre Grenzen, insbesondere bei dünnen oder anisotropen Materialien. In solchen Fällen bietet das Laser-Flash-Verfahren eine elegante Lösung, indem es die Temperaturleitfähigkeit α über die transiente Antwort auf einen definierten Wärmepuls misst. In Verbindung mit der spezifischen Wärmekapazität und der Dichte kann daraus die tatsächliche Wärmeleitfähigkeit berechnet werden.

Diese Kombination aus materialwissenschaftlicher Entwicklung und präziser Messtechnik ermöglicht es, Werkstoffe gezielt auf ihre thermische Eignung zu prüfen und strukturell anzupassen – ein entscheidender Schritt für das zuverlässige Funktionieren thermisch belasteter Elektroniksysteme in Leichtbaustrukturen.

Laser Flash Analyzer: Präzision in der thermophysikalischen Charakterisierung

Die zuverlässige Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit ist essenziell, um das Verhalten von Leichtbaumaterialien unter thermischer Belastung vorherzusagen. Besonders für anisotrope oder heterogene Werkstoffe wie CFK oder gefüllte Polymer-Compounds ist eine präzise, richtungsabhängige Analyse erforderlich. Hier hat sich das Laser-Flash-Verfahren als eine der führenden Methoden etabliert. Ein zentraler Vorteil der LFA liegt darin, dass sie keine direkte thermische Kontaktierung der Probe benötigt, was Messfehler durch Kontaktwiderstände vermeidet.

Das Messprinzip des Laser Flash Analyzers (LFA) beruht auf einer transienten, kontaktlosen Methode zur Bestimmung der Temperaturleitfähigkeit (α) eines Prüfkörpers. Dabei wird die Probenunterseite kurzzeitig durch einen Energiepuls aufgeheizt. Ein Detektor auf der gegenüberliegenden Probenoberfläche misst den Temperaturanstieg über die Zeit. Aus der Zeit, die die Temperatur benötigt, um ein bestimmtes Niveau zu erreichen, lässt sich die Temperaturleitfähigkeit bestimmen.

Die Wärmeleitfähigkeit (λ) ergibt sich aus der Multiplikation von Temperaturleitfähigkeit (α), spezifischer Wärmekapazität (cp) und Dichte (ρ):

\(
\lambda = \alpha \cdot c_p \cdot \rho
\quad \text{mit} \quad
\begin{cases}
\lambda : \text{Wärmeleitfähigkeit (W/m·K)} \\
\alpha : \text{Temperaturleitfähigkeit (mm²/s)} \\
c_p : \text{spezifische Wärmekapazität (J/kg·K)} \\
\rho : \text{Dichte (kg/m³)}
\end{cases}
\)

Die Anwendung des LFA reicht über die reine Messung hinaus: Durch die Kopplung mit Modellierungsansätzen wie der Finite-Elemente-Analyse (FEA) können die ermittelten Werte direkt in thermische Simulationen für Komponentenlayouts oder Gehäusedesigns überführt werden. Dies eröffnet Ingenieurinnen und Ingenieuren die Möglichkeit, bereits in der Entwurfsphase kritische Hot-Spots zu identifizieren und konstruktiv zu vermeiden.

Damit ist der Laser Flash Analyzer ein unverzichtbares Werkzeug in der Werkstoffentwicklung und der Qualitätssicherung – insbesondere für Anwendungen, bei denen die thermische Performance entscheidend für die Lebensdauer elektronischer Bauteile ist.

Fallbeispiel Polymer-Compounds: Wärmeleitung durch Füllstoffengineering

Polymer-Compounds zählen zu den vielseitigsten Werkstoffen in der modernen Materialwissenschaft. Ihre mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften lassen sich gezielt durch Matrixwahl und Füllstoffdesign anpassen. Für das thermische Management in Elektroniksystemen besteht die Herausforderung darin, die intrinsisch niedrige Wärmeleitfähigkeit der Polymere durch geeignete Zusatzstoffe zu steigern – ohne die elektrische Isolation oder die Verarbeitbarkeit wesentlich zu beeinträchtigen.

Die Übersicht von Ali et al. (2021) zeigt systematisch, wie sich durch Kombination verschiedener Füllstoffe die Wärmeleitfähigkeit von Epoxidharzen signifikant steigern lässt. Dabei kamen beispielsweise keramische Partikel wie Aluminiumoxid (Al₂O₃) sowie Kohlenstofffasern (CF) als leitfähige Additive zum Einsatz. In Kombination konnten diese bei einem Gehalt von 74 % Al₂O₃ und 6,4 % CF eine Wärmeleitfähigkeit von bis zu 3,84 W/m·K erreichen – ein über 12-facher Anstieg gegenüber dem reinen Polymer (Ali, Z., et al.)

Die thermische Charakterisierung kann dabei mittels Laser Flash Analysis (LFA) durchgeführt werden, um die Temperaturleitfähigkeit als Funktion der Füllstoffart, -geometrie und -konzentration exakt zu bestimmen. Es wird gezeigt, dass neben dem Volumenanteil insbesondere die räumliche Verteilung und Orientierung der Füllstoffe entscheidend für die Wirksamkeit des Wärmetransports ist. Die Zugabe von CF als strukturierende Phase unterstützt die Ausbildung perkolierender Pfade, welche die Punkt-zu-Punkt-Wärmeleitung effizient fördern.

Ein zentraler Punkt der Arbeit ist die Korrelation zwischen Materialstruktur und Messergebnis. Die LFA-Messungen erlauben nicht nur die Bewertung des absoluten Wärmeleitwerts, sondern auch Rückschlüsse auf die innere Homogenität und Füllstoffverteilung. So lässt sich etwa eine schlechte Dispersion anhand erhöhter Streuung in den Ergebnissen erkennen.

Für die industrielle Praxis ergibt sich daraus eine klare Empfehlung: Durch gezielte Wahl und Kombination von Füllstoffen sowie strukturangepasste Prozesstechnik lässt sich die Wärmeleitfähigkeit polymerbasierter Materialien auf ein Niveau bringen, das für anspruchsvolle thermische Anwendungen geeignet ist – bei gleichzeitigem Erhalt elektrischer Isolation und mechanischer Integrität.

Fallbeispiel 2D-Thermonetzwerk: Diamant und Kohlenstofffasern als funktionale Wärmeleiter

Ein zentrales Problem vieler Polymer-Compounds mit hoher Wärmeleitfähigkeit ist der Zielkonflikt zwischen thermischer Effizienz und elektrischer Isolation. Während kohlenstoffbasierte Füllstoffe – etwa Kohlenstofffasern oder Graphen – exzellente Wärmeleiter sind, bringen sie gleichzeitig eine hohe elektrische Leitfähigkeit mit sich. Für elektronische Gehäuse, Leiterplattenmaterialien oder Isolierträger stellt dies eine fundamentale Herausforderung dar.

Zheng, et al.. (2024) präsentieren einen vielversprechenden Lösungsansatz: ein zweidimensionales Netzwerk aus Diamantpartikeln, das mithilfe von kurzfaserigen Kohlenstofffasern (CF) in einer Epoxidharzmatrix strukturell verbunden wird. Diamant, ein elektrisch isolierendes, aber hoch wärmeleitfähiges Material, bildet dabei das Rückgrat der thermischen Transportstruktur. Die Kohlenstofffasern dienen als Bindeglieder und verbinden die Diamantpartikel lateral zu einem effizienten Wärmepfad.

Diese innovative Konfiguration wurde in der Studie systematisch untersucht und die thermische Charakterisierung erfolgte mittels Laser Flash Analysis. Die daraus berechnete Wärmeleitfähigkeit erreichte 2,653 W/m·K – ein Wert, der im Vergleich zur ungefüllten Matrix einer Steigerung von über 1600 % entspricht. Gleichzeitig blieb der spezifische elektrische Widerstand bei etwa 1,4 ∙ 1013 Ω∙cm, was die Eignung als elektrisch isolierendes Gehäusematerial bestätigt.

Beim Materialkonzept bilden Diamantpartikel die Primärstruktur, CF die Brückenstruktur – eingebettet in die Matrix. Dieses Netzwerk ermöglicht eine homogene Verteilung der Wärmeleitung, ohne dass es zu punktuellen Überhitzungen kommt. Die Analyse der Mikrostruktur mittels Rasterelektronenmikroskopie bestätigte die gleichmäßige Verteilung und effektive Anbindung der Füllstoffe an die Matrix.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt laut. in der gezielten geometrischen und chemischen Anpassung der Partikel: durch eine enge Packung und kontrollierte Orientierung des Netzwerks gelingt es, perkolierende Pfade für die Wärmeleitung zu schaffen, ohne dabei einen elektrischen Kurzschluss zu riskieren.

Für Anwendungen im Bereich leistungselektronischer Bauteile, Sensorik oder aktiver Kühlstrukturen bietet dieser Ansatz einen vielversprechenden Kompromiss aus hoher thermischer Performance und elektrischer Sicherheit. Die Studie von Zheng et al. belegt eindrucksvoll, dass durch mikrostrukturierte Füllstoffarchitektur und präzise messtechnische Erfassung funktionale Materiallösungen für das Thermomanagement polymerbasierter Systeme möglich sind.

Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen

Die Fähigkeit, Wärme effizient aus elektronischen Bauteilen abzuleiten, entscheidet zunehmend über deren Zuverlässigkeit und Lebensdauer – insbesondere in Leichtbaustrukturen auf Basis von CFK oder Polymer-Compounds. Die untersuchten Fallbeispiele zeigen eindrücklich, wie stark die Materialstruktur, die Füllstoffauswahl und die geometrische Auslegung die Wärmeleitfähigkeit beeinflussen – und wie entscheidend präzise Messtechnik ist, um diese Eigenschaften zu erfassen.

Die transiente Methode der Laser Flash Analysis (LFA) hat sich in allen Fällen als unverzichtbares Werkzeug erwiesen. Ihre Stärken liegen in der Fähigkeit, auch bei anisotropen und dünnwandigen Proben reproduzierbare und richtungsaufgelöste Daten zu liefern. Damit erlaubt sie nicht nur eine quantitative Bewertung, sondern auch Rückschlüsse auf die Effektivität strukturierter Wärmeleitnetzwerke – wie im Fall des 2D-Diamant-CF-Netzes (Zheng et al., 2024) oder der hybriden Füllstoffsysteme in Polymeren (Wang et al., 2020) .

Für die industrielle Praxis lassen sich aus diesen Erkenntnissen mehrere Empfehlungen ableiten:

  1. Messdaten als Designgrundlage verwenden: LFA-Messungen sollten frühzeitig in den Entwicklungsprozess integriert werden, um realistische thermische Randbedingungen für das Bauteildesign zu definieren.
  2. Wärmeleitung gezielt ausrichten: Anisotrope Materialien wie CFK müssen in ihrer Orientierungsabhängigkeit betrachtet werden. Durch strukturelle Modifikationen – z. B. Interlayer – kann der Wärmepfad angepasst werden.
  3. Hybride Füllstoffe einsetzen: In polymeren Compounds bietet die Kombination keramischer (elektrisch isolierender) und kohlenstoffbasierter (thermisch leitfähiger) Additive das beste Verhältnis aus Wärmeleistung und elektrischer Sicherheit.
  4. Thermische Netzwerke planen: Mikrostrukturierte Wärmeleitnetzwerke zeigen das Potenzial von gezieltem Füllstoffengineering, auch bei begrenzten Volumenanteilen.
  5. Simulationsintegration vorbereiten: Die mit LFA gemessenen Daten sollten direkt in thermische FEM-Simulationen überführt werden, um Hotspots frühzeitig zu identifizieren und layoutseitig zu vermeiden.

Insgesamt wird deutlich: Die gezielte Optimierung der Wärmeleitfähigkeit in CFK und Polymer-Compounds ist kein Zufallsprodukt, sondern das Ergebnis eines präzise gesteuerten Zusammenspiels aus Materialdesign, strukturmechanischem Verständnis und messtechnischer Kontrolle. Der Laser Flash Analyzer ist dabei nicht nur ein Messgerät, sondern ein integraler Bestandteil moderner Werkstoffentwicklung im Thermomanagement elektrischer Systeme.

Quellenangaben

  1. Ali, Z., et al.
    Preparation, Properties and Mechanisms of Carbon Fiber/Polymer Composites with High Thermal Conductivity
    MDPI Polymers, 2021, 13(1), 169
    DOI: https://doi.org/10.3390/polym13010169
  2. Zheng, J., et al.
    Enhanced thermal conductivity and electrical resistivity of epoxy composite by constructing a closepacked 2D network of diamond particles connected with chopped carbon fibers
    Polymer Composites (2024)
    DOI: https://doi.org/10.1002/pc.29728

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