Wärmespeicher im Hochtemperaturbereich: Materialien mit konstanter Kapazität über viele Zyklen

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Wärmespeicherung für Hochtemperaturprozesse

Im Zuge der industriellen Dekarbonisierung rückt die effiziente Nutzung thermischer Energie zunehmend in den Mittelpunkt der Energietechnik. Besonders im Bereich konzentrierender Solarkraftwerke (CSP) und in der metallverarbeitenden Industrie besteht erheblicher Bedarf, hohe Temperaturen (>600 °C) über Stunden oder Tage zu speichern – sowohl zur Glättung fluktuierender Energiequellen als auch zur Rückgewinnung industrieller Abwärme. In der Metallverarbeitung beispielsweise kann die bei der Wärmebehandlung anfallende Abwärme in Speichermaterialien zwischengespeichert und später zur Vorwärmung von Werkstoffen oder in Trocknungsprozessen wiederverwendet werden.

Dafür kommen Wärmespeicher zum Einsatz, die thermische Energie entweder sensibel (über Temperaturerhöhung), latent (über Phasenwechsel) oder chemisch (über reversible Reaktionen) aufnehmen. Besonders anspruchsvoll sind Hochtemperaturanwendungen, da sie Speicherstoffe erfordern, die mechanisch, thermisch und chemisch stabil bleiben – über mehrere hundert Lade- und Entladezyklen hinweg. Die zentrale Herausforderung besteht darin, Materialien zu identifizieren, deren Wärmespeicherfähigkeit über viele Zyklen hinweg konstant bleibt.

Ein besonderes Augenmerk gilt dabei Festkörpern wie Graphit, keramischen Isolatoren oder Verbundsystemen aus diesen Komponenten. Solche Materialien bieten ein breites Anwendungsspektrum als Wärmeträger, Strukturmaterial oder Matrix für weitere funktionale Phasen (z. B. Salze, Oxide). Ihre Leistungsfähigkeit kann jedoch nicht allein durch chemische Zusammensetzung oder Schmelzpunkte beurteilt werden – entscheidend ist das Langzeitverhalten unter zyklischer thermischer Belastung.

Zur systematischen Bewertung dieser Eigenschaften kommt in der Materialcharakterisierung die Differential Scanning Calorimetry (DSC) zum Einsatz. Als thermische Analysemethode ermöglicht sie die exakte Bestimmung von Wärmekapazität, Übergangstemperaturen und Enthalpieänderungen über wiederholte Temperaturzyklen hinweg. Die DSC ist damit ein unverzichtbares Werkzeug, um Materialsysteme hinsichtlich ihrer Zyklenfestigkeit und thermischen Stabilität im Hochtemperaturbereich zu analysieren.

Jüngste Studien zeigen, dass sich durch gezielte Materialkombinationen – etwa keramisch-graphitische Komposite – Systeme entwickeln lassen, die trotz hoher Belastung über hunderte Zyklen hinweg eine konstante thermische Performance aufweisen (Yang et al., 2025; Ran et al., 2020). Dieser Beitrag beleuchtet die Anforderungen an solche Wärmespeicherwerkstoffe, stellt relevante Materialsysteme vor und zeigt, wie die DSC zur Bewertung ihrer Einsatzfähigkeit beiträgt.

Anforderungen an Hochtemperatur-Wärmespeicher

Hochtemperatur-Wärmespeicher müssen komplexe Anforderungen erfüllen, um im industriellen Maßstab zuverlässig eingesetzt werden zu können. Anders als bei Speichern für niedrige oder mittlere Temperaturen, etwa in der Haustechnik, sind hier vor allem thermische Belastbarkeit, chemische Resistenz und mechanische Integrität über viele Zyklen gefragt. Die Materialauswahl wird durch diese Multikriterienentscheidung maßgeblich geprägt.

Thermische Anforderungen

Zentral ist die Fähigkeit, thermische Energie effizient aufzunehmen und wieder abzugeben. Dies geschieht im Fall von sensiblem Wärmespeicher über die Erhöhung der Temperatur eines Materials, wobei die spezifische Wärmekapazität (cₚ) die gespeicherte Energiemenge bestimmt. Für Hochtemperaturanwendungen sind Materialien gefragt, deren cₚ-Werte möglichst konstant über den gesamten Temperaturbereich bleiben. Eine hohe absolute Wärmekapazität ist wünschenswert, wichtiger aber ist, dass sie über viele Ladezyklen nicht absinkt – ein Aspekt, der nur durch wiederholte Messungen eindeutig beurteilt werden kann.

Die thermische Leitfähigkeit spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle: Materialien mit geringer Leitfähigkeit können die Wärme nicht gleichmäßig im Volumen verteilen, was zu ungewollten Temperaturgradienten und Materialspannungen führt. Die Integration von hochleitfähigen Komponenten – wie z. B. Graphit – kann hier gezielt zur Homogenisierung der Temperaturverteilung beitragen.

Chemische und mechanische Stabilität

Thermische Speicher in industriellen Hochtemperaturanwendungen sind oft nicht nur Hitze, sondern auch reaktiven Atmosphären, Druckdifferenzen oder Materialkontakten mit metallischen, oxidierenden oder korrosiven Medien ausgesetzt. Daher ist die Resistenz gegenüber chemischen Reaktionen eine Grundvoraussetzung. Oxidation, Hydrolyse oder Bildung instabiler Zwischenphasen können zur schleichenden Degradation der Speicherfähigkeit führen.

Ein Beispiel: Graphit oxidiert in Sauerstoffatmosphäre bereits ab ca. 600 °C – was seinen Einsatz ohne Schutzmaßnahmen in vielen Anwendungen einschränkt. Keramiken hingegen, insbesondere solche auf Basis von SiC oder Si₃N₄, entwickeln bei hohen Temperaturen schützende SiO₂-Schichten, die als Diffusionsbarriere wirken und das Eindringen von Sauerstoff verhindern.

Auch mechanische Stabilität ist entscheidend. Wiederholte Heiz- und Kühlvorgänge führen zu thermischer Ausdehnung und Kontraktion, die Spannungen im Material erzeugen. Werkstoffe mit geringer Wärmeausdehnung und hoher Bruchzähigkeit sind hier im Vorteil. Keramiken bieten dabei exzellente Formstabilität, während flexible, poröse Strukturen wie expandierter Graphit Materialspannungen teilweise aufnehmen können.

Bewertung durch Differential Scanning Calorimetry (DSC)

Die oben genannten Anforderungen lassen sich nicht allein über Materialdatenblätter erfassen. Erst durch zyklische thermische Analysen – wie sie mit der DSC durchgeführt werden – wird sichtbar, wie sich cₚ, Enthalpie oder Phasenübergänge im realen Betrieb verändern. In DSC-Messungen werden gezielt mehrere Heiz-Kühl-Zyklen simuliert. Abweichungen in den entstehenden Kalorimetriekurven weisen frühzeitig auf Leistungsabfall oder strukturelle Veränderungen hin.

Insbesondere bei neuen Werkstoffkombinationen, etwa Verbundsystemen aus Keramik, Graphit und Salzen, ist die DSC eine der wenigen Methoden, die diese multiphysikalischen Veränderungen gleichzeitig erfassen kann. Studien wie jene von Yang et al. (2025) oder Ran et al. (2020) zeigen, dass sich mit DSC belastbare Aussagen zur thermischen Reversibilität und Stabilität von Materialsystemen treffen lassen – eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung langlebiger Wärmespeicher.

Graphit als Wärmespeicher und Matrixmaterial

Abbildung 1: Schematische Darstellung eines keramisch-graphitischen Komposits mit porösem Graphit (grau), PCM-Einlagerungen (blau) und keramischer Schutzhülle (weiß) zur Hochtemperatur-Wärmespeicherung.

Graphit ist eines der am häufigsten untersuchten Materialien für die Wärmespeicherung im Hochtemperaturbereich – nicht nur wegen seiner thermischen Eigenschaften, sondern auch aufgrund seiner strukturellen Flexibilität. In poröser oder expandierter Form kann Graphit als Matrixmaterial für andere Speichersubstanzen wie Salze oder Metalloxide dienen, während es gleichzeitig zur Wärmeverteilung und Strukturstabilität beiträgt.

Wärmeleitfähigkeit und Temperaturverhalten

Ein wesentliches Merkmal von Graphit ist seine ausgeprägte anisotrope Wärmeleitfähigkeit, die in der Basalebene (parallel zur Schichtebene) deutlich höher ist als senkrecht dazu. Dies ermöglicht eine effektive laterale Wärmeverteilung, was insbesondere in modularen oder schichtweise aufgebauten Speichersystemen von Vorteil ist. Die spezifische Wärmekapazität von Graphit ist im Vergleich zu anderen Festkörpern moderat, steigt jedoch mit zunehmender Temperatur kontinuierlich an – eine Eigenschaft, die für sensible Wärmespeicherung nutzbar ist.

Im Betrieb zeigt sich, dass Graphit in Inertgasumgebung über viele Temperaturzyklen hinweg thermisch stabil bleibt. Studien wie jene von Yang et al. (2025) belegen, dass keramisch stabilisierte Graphitkomposite ihre Speicherfähigkeit über mehrere hundert thermische Zyklen nahezu konstant halten. Die Kombination mit keramischen Materialien schützt das Graphit gegen strukturelle Degradation und wirkt zusätzlich temperaturstabilisierend.

Oxidationsanfälligkeit und Schutzmaßnahmen

In oxidierenden Atmosphären – insbesondere bei Anwesenheit von Luftsauerstoff – beginnt Graphit bereits bei Temperaturen um 600°C zu oxidieren. Dies schränkt den Einsatz in offen betriebenen Systemen stark ein. Um die Anwendungstemperaturbereiche zu erweitern, werden häufig passivierende Schutzmaßnahmen ergriffen, etwa:

  • Betrieb unter Inertgasatmosphäre (Argon, Stickstoff)
  • Einbettung in keramische Hüllstrukturen (z. B. Al₂O₃, SiC)
  • Verwendung von Beschichtungssystemen mit diffusionshemmenden Eigenschaften

Ein praktisches Beispiel bietet die Arbeit von Ran et al. (2020), in der expandierter Graphit mit eutektischen Salzen und keramischen Additiven kombiniert wurde. Die Komposite zeigten nicht nur eine verbesserte Wärmeleitfähigkeit gegenüber den reinen Salzsystemen, sondern auch eine deutlich gesteigerte Zyklenstabilität. Die Rolle des Graphits bestand hier sowohl in der Aufnahme des Salzes als auch in der Verbesserung der Wärmeverteilung im Volumen. Die thermische Analyse mittels DSC zeigte, dass die gespeicherte Enthalpie über Dutzende Zyklen hinweg weitgehend konstant blieb.

Einsatzszenarien und Materialintegration

Neben seiner Rolle als aktives Speichermaterial kann Graphit auch als Strukturträger in komplexeren Materialverbunden dienen. Insbesondere in modulbasierten Hochtemperaturspeichern, wie sie in CSP-Anlagen oder industriellen Prozesswärmesystemen zum Einsatz kommen, lassen sich mit Graphit thermisch leitfähige Wege innerhalb eines ansonsten isolierenden Systems realisieren.

Die Integration poröser Graphitstrukturen erlaubt darüber hinaus die Imprägnierung mit PCM-Komponenten oder die Kopplung mit metallischen Speichermedien. Dabei wirkt Graphit als formgebendes Medium, das die thermische und mechanische Funktionalität in einem Bauteil vereint.

Keramische Isolatoren: Struktur, Schutz und Stabilität im Hochtemperaturspeicher

Abbildung 2: Mikrostrukturvergleich von expandiertem Graphit (links, schichtartig-porös) und Aluminiumoxid (rechts, kompakt-granular). Unterschiede in Porosität und Struktur bestimmen Wärmeleitverhalten und chemische Stabilität.

Keramische Werkstoffe übernehmen im Kontext thermischer Energiespeicherung im Hochtemperaturbereich eine strategisch wichtige Rolle – nicht primär als Energiespeicher, sondern als strukturelle, thermische und chemische Stabilisierungskomponenten. Sie kommen in Form von Matrizes, Schichten oder funktionalen Einbettungen zum Einsatz und tragen entscheidend zur Langlebigkeit und Sicherheit von Wärmespeichersystemen bei.

Thermische Eigenschaften und Einsatzgrenzen

Typische Hochleistungskeramiken wie Aluminiumoxid (Al₂O₃), Zirkonoxid (ZrO₂) oder Siliciumcarbid (SiC) zeichnen sich durch ihre extreme Temperaturbeständigkeit (>1500 °C), niedrige Wärmeleitfähigkeit (typisch <10 W/m·K) sowie eine sehr geringe thermische Ausdehnung aus. Diese Eigenschaften prädestinieren sie als thermische Isolatoren in modularen Speichereinheiten, insbesondere zur Trennung wärmeführender und wärmespeichernder Bereiche oder zur Abschirmung sensibler Materialien.

Die geringe Wärmeleitfähigkeit wirkt der unerwünschten Wärmeabgabe an die Umgebung entgegen, während die hohe Formstabilität mechanische Integrität über viele Zyklen hinweg sicherstellt. Bei wiederholter thermischer Belastung – wie sie im Lade-/Entladebetrieb von Hochtemperaturspeichern typisch ist – zeigen diese Materialien keine relevanten strukturellen Veränderungen.

Chemische Stabilität: Passivierung und Diffusionsbarriere

Ein weiterer Vorteil keramischer Isolatoren ist ihre chemische Trägheit gegenüber oxidierenden, korrosiven oder reaktiven Medien. Besonders relevant ist dies beim Einsatz in Kombination mit Materialien wie Graphit, das bei Kontakt mit Sauerstoff oberhalb von 600 °C oxidiert. Keramiken wie SiC oder Si₃N₄ bilden unter solchen Bedingungen passivierende Siliziumoxidschichten (SiO₂) auf ihrer Oberfläche. Diese wirken als Diffusionsbarriere gegen Sauerstoff, wodurch auch angrenzende Materialien vor Oxidation geschützt werden können.

In Verbundsystemen übernehmen solche Keramiken daher eine Doppelfunktion: Sie fungieren einerseits als mechanische Trägerstruktur, andererseits als chemisch-inerte Hülle, die beispielsweise Graphit-Kerne oder PCM-Bestandteile gegen Umgebungseinflüsse abschirmt. Dadurch entsteht ein kontrolliertes Mikromilieu, das die Lebensdauer des gesamten Systems deutlich verlängert.

Strukturelle Funktion in Kompositmaterialien

Keramiken lassen sich gezielt strukturieren – etwa in Form von porösen Trägermaterialien, Platten, Waben oder Schüttkörpern – und ermöglichen so eine präzise Gestaltung des Wärmeflusses im Speicher. In Verbindung mit wärmeleitfähigen Komponenten wie Graphit entstehen hybride Systeme, in denen die Vorteile beider Materialien funktional kombiniert werden: mechanische Beständigkeit und chemische Stabilität auf Seiten der Keramik, Wärmeverteilung und Energiespeicherung auf Seiten des Graphits.

Ein gelungenes Beispiel liefert die Arbeit von Ran et al. (2020), in der keramische Bestandteile in ein Salz-Graphit-System eingebettet wurden. Die keramische Matrix sorgte für eine gleichmäßige Verteilung des Speichermaterials, verringerte thermomechanische Spannungen und verbesserte gleichzeitig die Oxidationsbeständigkeit des gesamten Verbundkörpers. Die Langzeitstabilität konnte durch DSC-Messungen über viele Temperaturzyklen hinweg bestätigt werden.

Materialcₚ (J/g·K)<7hr3>Wärmeleitfähigkeit (W/m·K)ZyklenstabilitätChemische Stabilität
Graphit0,7–1,0>100HochNiedrig (oxidativ)
Aluminiumoxid (Al₂O₃)0,8–1,1<10HochHoch
Keramisch-Graphit-Verbundvariabelmittel–hochHochanpassbar
Vergleich thermischer und struktureller Eigenschaften typischer Hochtemperaturmaterialien (Datenbereiche indikativ, basierend auf Literaturangaben aus Ran et al., 2021 und Yang et al., 2025)

Differential Scanning Calorimetry (DSC): Schlüssel zur Bewertung der Zyklenstabilität

Die Entwicklung zyklenstabiler Wärmespeichermaterialien für den Hochtemperaturbereich ist auf zuverlässige Analysemethoden angewiesen, die thermische Eigenschaften präzise quantifizieren. Die Differential Scanning Calorimetry (DSC) hat sich hierbei als eine der zentralen Prüfmethoden etabliert. Sie ermöglicht es, Phasenübergänge, Enthalpieänderungen und die spezifische Wärmekapazität (c) von Materialien als Funktion der Temperatur und über wiederholte Belastungszyklen hinweg zu bestimmen.

 

Prinzip der DSC

Abbildung 3: Prinzip der Differential Scanning Calorimetry (DSC) – Wärmestromkurve mit endo- und exothermen Übergängen.

Die DSC misst die Differenz der Wärmeströme zwischen einer Probe und einer Referenz, während beide kontrolliert auf eine definierte Temperatur aufgeheizt oder abgekühlt werden. Änderungen im Wärmestrom deuten auf physikalische oder chemische Übergänge in der Probe hin, wie zum Beispiel:

  • Endotherme Prozesse: z. B. Schmelzen, Phasenwechsel
  • Exotherme Prozesse: z. B. Kristallisation, Reaktionen
  • Temperaturabhängige cₚ-Veränderungen


Für die Bewertung von Hochtemperatur-Wärmespeichern ist besonders interessant, wie sich diese thermischen Eigenschaften über viele Zyklen hinweg verändern. Genau hier liegt die Stärke der DSC: Durch die Wiederholung von Heiz-/Kühlzyklen lässt sich ermitteln, ob und wie schnell ein Material an Leistungsfähigkeit verliert – etwa durch Strukturveränderung, Oxidation oder Phasenseparation.

Anwendung auf Hochtemperaturmaterialien

Für Materialien wie Graphit, Keramik-Graphit-Komposite oder PCM-haltige Verbundstoffe lassen sich mit der DSC zentrale Kenngrößen wie Wärmekapazität und Übergangstemperaturen nicht nur im frischen Zustand, sondern auch nach vielen thermischen Zyklen analysieren. So wird beispielsweise sichtbar, ob die gespeicherte Enthalpie über die Zeit abnimmt oder ob sich der Temperaturbereich, in dem ein Phasenübergang erfolgt, verschiebt.

In der Arbeit von Yang et al. (2025) wurden keramisch stabilisierte Graphitkomposite in mehreren Heiz-/Kühlzyklen untersucht. Die DSC-Ergebnisse zeigten über mehrere hundert Zyklen hinweg eine stabile thermische Performance, ohne nennenswerte Drift in der Wärmekapazität oder im Schmelzverhalten. Solche Resultate belegen nicht nur die Eignung des Materials, sondern auch die Aussagekraft der DSC als Prüfverfahren.

Ein ähnlicher Ansatz findet sich bei Ran et al. (2020), die eine eutektische Salz-Graphit-Keramik-Matrix analysierten. Auch hier wurde die DSC eingesetzt, um die Reversibilität der thermischen Übergänge über wiederholte Temperaturbelastung hinweg zu prüfen – mit positiven Ergebnissen hinsichtlich der Zyklenfestigkeit.

Aussagekraft und Grenzen

Die Vorteile der DSC im Materialscreening liegen in:

  • Hoher Empfindlichkeit gegenüber kleinen thermischen Effekten
  • Zyklusfähigen Prüfprotokollen zur Simulation realer Speicherbelastung
  • Quantitativer Bestimmung von Wärmekapazität und Enthalpie
  • Breiter Temperaturanwendbarkeit (je nach Gerät bis >1500 °C)


Gleichzeitig gibt es Einschränkungen: Bei extrem hohen Temperaturen oder sehr großen Proben kann es zu Messungenauigkeiten kommen, ebenso bei stark anisotropen Materialien mit hoher Wärmeleitfähigkeit. In solchen Fällen ist eine Kombination mit anderen Verfahren – etwa Thermogravimetrie (TG) oder dilatometrischen Messungen – sinnvoll.

Fazit und Ausblick: Wärmespeicherung systematisch bewerten

Die gezielte Wärmespeicherung im Hochtemperaturbereich ist ein Schlüsselthema für industrielle Prozesse und erneuerbare Energiesysteme. In Anwendungen wie der konzentrierenden Solartechnologie (CSP) oder der metallverarbeitenden Industrie können hocheffiziente Speicherlösungen dazu beitragen, Energieverluste zu reduzieren, Lastspitzen abzufedern und Prozesswärme bedarfsgerecht bereitzustellen.

Die Analyse zeigt: Weder Graphit noch keramische Materialien erfüllen isoliert alle Anforderungen. Ihre Kombination in Verbundmaterialien erlaubt jedoch, thermische Leitfähigkeit, Speicherfähigkeit und chemische Stabilität gezielt zu vereinen. Keramiken bieten strukturelle Festigkeit und chemischen Schutz, während Graphit als Matrix oder Zusatzstoff Wärme effizient verteilt und speichert.

Zentral für die Materialauswahl ist die Zyklenstabilität: Ein Wärmespeicher ist nur dann praxistauglich, wenn er über viele Lade- und Entladevorgänge hinweg eine konstante Leistung erbringt. Hier liefert die Differential Scanning Calorimetry (DSC) einen entscheidenden Beitrag: Sie macht Leistungsabfälle frühzeitig sichtbar, quantifiziert relevante Kennwerte wie Wärmekapazität und Enthalpie, und erlaubt den direkten Vergleich unterschiedlicher Materialsysteme unter realitätsnahen Bedingungen.

Die zitierten Arbeiten von Yang et al. (2025) und Ran et al. (2020) zeigen exemplarisch, wie sich durch gezielte Materialkombinationen sowie präzise Analytik hochstabile Speichermaterialien entwickeln lassen. Diese Erkenntnisse fließen zunehmend in die Materialentwicklung für industrielle Speicherlösungen ein.

Perspektiven

Zukünftige Entwicklungen werden sich auf folgende Aspekte konzentrieren:

  • Skalierbarkeit und Herstellung kostenoptimierter Kompositmaterialien
  • Standardisierte Prüfmethoden zur vergleichbaren Bewertung der Zyklenfestigkeit
  • Langzeituntersuchungen unter realen Einsatzbedingungen
  • Kombination von DSC mit weiteren Analyseverfahren (z. B. TG, Röntgendiffraktometrie)


Mit Blick auf die industrielle Umsetzung ist klar: Die Materialwissenschaft kann mit systematischer Analyse wie der DSC maßgeblich dazu beitragen, die Effizienz, Langlebigkeit und Betriebssicherheit thermischer Speicher zu erhöhen. Damit wird sie zu einem integralen Bestandteil nachhaltiger Energiesysteme – vom Labormaßstab bis in den industriellen Maßstab.

Quellenangaben

  • Yang, X. et al. (2025): Self-heating ceramic–graphite composites with stable thermal energy storage capacity, ACS Energy Letters, 10(3), 1234–1242. DOI: 10.1021/acsenergylett.4c03270
  • Ran, X., Wang, H., Zhong, Y., Zhang, F., Lin, J., Zou, H., Dai, Z., & An, B. (2021). Thermal properties of eutectic salts/ceramics/expanded graphite composite phase change materials for high-temperature thermal energy storage. Solar Energy Materials and Solar Cells, 231, 111047. DOI: 1016/j.solmat.2021.111047

 

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